Jedes Jahr lädt uns der 16. Juli ein, uns auf die Gründungsinspiration einzustellen, aus der die Kongregation 1849 hervorging. Unser bescheidener Anfang zählte nicht auf materiellen Besitz oder auf eine große Zahl von Predigern, die sich an das „große Werk“ machen würden, das an jenem Tag seinen Anfang nahm. „Silber und Gold besitzen wir nicht,[1] um unser Leben und unser missionarisches Wirken abzusichern, sondern nur den Geist des auferstandenen Herrn, der in unserem Leben lebendig ist als das „Feuer der Liebe Gottes.“
Deshalb gibt es keinen Grund, über die natürliche Alterung unserer Mitbrüder besorgt zu sein oder darüber, dass es notwendig ist, einige Missionen zu schließen, oder über die schwindenden Zahlen in einigen Teilen der Kongregation. Die wirkliche Gefahr besteht darin, dass das Feuer unseres Charismas nicht mehr in den Herzen der Mitbrüder ist oder dass es ausgelöscht ist oder dass es das Leben unserer Gemeinschaften nicht mehr erleuchtet. Nur dieses Feuer der Liebe Gottes in uns wird unser Gemeinschaftsleben anfachen und den Samen der Berufung in denen wecken, die Gott zu einem Leben als Claretiner beruft.
„Eine Kette ist so stark wie ihr schwächstes Glied.“ Unsere Kongregation ist so stark, wie ihre Mitglieder den Heiligen Geist in sich wirken lassen. Ich habe in den Filmen des National Geographic über das Verhalten von Löwen etwas Interessantes bemerkt. Sie greifen eine Herde starker Tiere selten von vorne an. Sie stürzen sich normalerweise auf die schwachen Tiere und auf diejenigen, die sich von der Herde fernhalten, wenn diese zerstreut ist. Oft werden Mitbrüder von uns, deren Herz erkaltet ist, weil ihnen der Kontakt zum Wort Gottes und zur Eucharistie fehlt und die der Gemeinschaft fern bleiben, zur Beute des Feindes, der wie ein brüllender Löwe umhergeht und sucht, wen er verschlingen kann.[2]
Jeder von uns ist persönlich aufgerufen, zu einem Geschehen der Neugründung der Kongregation zu werden. Es kann kein kollektives charismatisches Feuer geben, ohne dass die einzelnen Claretiner brennen und Licht ausstrahlen. Denkt an das Schicksal der Jungfrauen, die sich nicht um das Öl in ihren Lampen kümmerten.[3]
Entschließen wir uns, das Feuer in unserem Charisama am Brennen zu halten. Am Stiftungsfest lade ich euch ein, euch in der Betrachtung vorzustellen, ihr wäret ganz nahe beim Gründer im Gründungszimmer. Claret würde euch sagen, dass ihr auch einer von denen seid, „denen der Herr denselben Geist gegeben hatte, von dem ich mich beseelt fühlte.“[4] Wie verstehst du diesen Geist in dir? Wie willst du diese Gabe in deinen konkreten Lebensumständen zum Ausdruck bringen? Was musst du in deinem persönlichen Leben und in deiner Gemeinschaft tun, um das Feuer der Liebe am Brennen zu halten?
Ich lade euch auch ein, wieder einmal an die Worte des Erzengels Gabriel an Maria zu denken: „Heiliger Geist wird über dich kommen und Kraft des Höchsten wird dich überschatten.“[5] Der gleiche Geist kam über Jesus bei der Taufe, über die Kirche an Pfingsten, über jene kleine Gemeinschaft, die am 16. Juni 1849 in Vic versammelt war, und er schwebt weiter über uns mit seinem Schatten des Rates und der Erkenntnis, des Eifers und der Leidenschaft, der Weisheit und der Prophetie in jedem von uns. Möge der Geist, der jenes Feuer in uns mit Brennstoff versorgt, unsere Kreativität anstacheln, unsere Phantasie bewegen, uns davon träumen lassen, dass wir bewirken, dass Gott erkannt, geliebt, gedient und gelobt wird.
Schließlich wird sich die 15. ordentliche Generalversammlung der Bischofssynode vom 3. bis 28. Oktober auf die Jugend, den Glauben und die Berufungsfindung konzentrieren. Um eins zu sein mit der Weltkirche und dieses Feuer am Brennen zu halten, lade ich euch ein, euch an das zu halten, was das Dokument des 25. Generalkapitels uns sagt: „ihnen begegnen, mit ihnen unterwegs sein und ermöglichen, dass sie die Anrufe Jesu hören.“[6]. Möge derselbe Geist die Echtheit eines jeden von uns aufrecht erhalten und die Treue zu der Gabe und dem missionarischen Auftrag, die uns anvertraut sind; denn es ist unser Zeugnis und nicht die Bequemlichkeit, die wir ihnen bieten, was neue Berufungen erweckt und anzieht.[7].
Ich wünsche euch allen eine fruchtbare Feier unseres Stiftungsfestes!
P. Mathew Vattamattam CMF
Generaloberer
[1] (vgl. Apg 3,6)
[2] (vgl. 1 Petr 5,8)
[3] (vgl. Mt 25,1−13)
[4] (vgl. Autobiographie, 489)
[5] (Lk 1,35)
[6] (MS 68)
[7] (vgl. Papst Franziskus an die Teilnehmer des Kongresses, den die Berufungspastoral der italienischen Bischofskonferenz am 5. Januar 2017 veranstaltete.