Der Rosenkranz der Jungfrau Maria war und ist von jeher eines der Gebete, die im christlichen Volk am meisten geschätzt werden. In seiner Einfachheit und seinem Tiefgang war er auch für P. Claret ein sehr beliebtes Gebet mit einer großen apostolischen Wirksamkeit. Auch wenn sich der Rosenkranz durch seinen marianischen Charakter auszeichnet, ist er ein Gebet, das seine Mitte im umfassenden Geheimnis Christi hat. In der Nüchternheit seiner Teile konzentriert er in sich die Tiefe der ganzen Botschaft des Evangeliums, von dem er eine Art Zusammenfassung ist.
Durch den Rosenkranz verehren wir Claretiner-Missionare die selige Jungfrau Maria, die mit ganzem Herzen mit dem Heilswerk ihres Sohnes verbunden ist, mit der Liebe von Söhnen und lernen so von Maria, die Schönheit des Antlitzes Christi zu betrachten und die Tiefe seiner Liebe zu erfahren, um sie den Menschen zu verkünden. Der Rosenkranz war immer eine der beliebtesten Traditionen, die die Kongregation von Pater Stifter empfing.
Antonius Maria Claret lernte schon von Kind an, den Rosenkranz zu beten. Er selber erinnert sich: „Schon als ganz kleines Kind bekam ich einen Rosenkranz geschenkt. Dafür war ich so dankbar, als hätte ich den größten Schatz gewonnen.“ Seine Familie, die Schule, die Pfarrei und insbesondere das Buch vom Rosenstock gaben ihm direkte Unterweisung. Nie sollte der Heilige vergessen, mit welcher Inbrunst er ihn bei seinen häufigen Gängen zur Wallfahrtskirche Fusimaña mit seiner Schwester Rosa betete. Als Kind seiner Zeit macht sich Claret diese Andachtsform zu eigen, die im Spanien des 19. Jahrhunderts bereits tief verwurzelt war und machte sie schließlich zu seiner Andachtsform par excellence. So spricht er mit Bezug auf seine Kindheit von „dieser heiligen Andacht, die nach der Messe die nützlichste Andacht ist.“ Von da an sollte er sie sein Leben lang nicht mehr aufgeben. Seine Zuneigung zum Rosenkranz war sehr innig von seiner Kinderseele bis zu seinem glorreichen Hinscheiden. Sie verdankte sich der Beziehung, die nach der Erkenntnis des Heiligen zwischen dem Rosenkranz und der Verkündigung des Evangeliums bestand. Der Rosenkranz war für ihn als meditative Zusammenfassung des Wortes Gottes eine Verteidigungswaffe: ein Schild gegen die Feinde des Guten.
In der Weberei der Familie betete er täglich drei Rosenkränze, wie sie mit ihm auch die übrigen Arbeiter beteten: einen am Morgen, den zweiten gegen Mittag und den dritten vor dem Abendessen. „Ich betete vor“, sagt er uns in der Autobiographie, „und sie antworteten; dabei ging die Arbeit weiter.“
Es mag seltsam erscheinen, aber diese Andachtsübung ging bei ihm weiter, trotz der Krisen, die er als Textilarbeiter in Barcelona erlitt. Und dann sollte er im Seminar zur kindlichen Inbrunst zurückkehren und der fleißigen und beständigen Übung dieser Andacht nicht mehr untreu werden, wobei er seit 1833 Mitglied der Rosenkranzbruderschaft war.
In der Pfarrei Sallent betete er den Rosenkranz jeden Abend mit seiner Schwester Maria und dem Hausangestellten. Bei seinen Missionen betete er stets den Rosenkranz mit dem Volk vor; privat betete er alle drei Rosenkränze. In der Dominikus-Kirche in Vic wollte P. Claret ein Herz an der Brust der Muttergottes vom Rosenkranz anbringen, um diese beiden Andachtsformen zu vereinen und in inniger Einheit zu verbinden und damit darauf hinzuweisen, dass ein Christ beim Beten des Rosenkranzes das Gleiche tun muss wie die Gottesmutter Maria: das Wort im Herzen erwägen. Auf den Kanarischen Inseln betete er ihn immer bei seinen massenhaft besuchten Missionen, und die Leute begleiteten ihn, den Rosenkranz betend, von einem Ort in den nächsten.
Zum Tagesablauf, den er zusammen mit seinen Missionaren in der Zeit in Kuba einhielt, schreibt er: „Wir beschlossen den Tag mit dem Rosenkranz und anderen Gebeten.“ Die Muttergottesstatue, die seinen Hirtenbrief über die unbefleckte Empfängnis guthieß, war eine Rosenkranzmadonna mit dem Herzen auf der Brust: eine Statue, die der Heilige in seinem Büro hatte und auf die Missionen mitnahm.
In Madrid erscheint in seinen geistlichen Notizen ein allgemeiner Wunsch und Vorsatz: „Häufig und inbrünstig den Rosenkranz beten.“ In dem Abschnitt „Um auszuharren und vollkommener zu werden“ weist er in den Vorsätzen von 1868 unter anderem neben dem Gebet, der Übung der Tugenden und dem Empfang der Sakramente auf den „gut gebeteten Rosenkranz“ hin und erbittet „die Verehrung der heiligen Maria“ als Gnade. 1861 fasst er den folgenden Beschluss: „Tagsüber, das Allerheiligste besuchen und häufig empfangen, und am Abend Rosenkranz, und zwar wenn möglich alle drei Rosenkränze.
In seinen Jahren als Beichtvater von Königin Isabella empfing er mehrere Offenbarungen über den Rosenkranz, in denen ihm die Muttergottes den Auftrag erteilt, diese Andachtsform zu verbreiten. Der Herr und die Muttergottes sagten ihm, er müsse „bei der Ausbreitung des Rosenkranzes der Dominikus unserer Zeit sein.“ In dem Bewusstsein, dass ihn der Herr und die Muttergottes aufriefen, ein zweiter heiliger Dominikus zu sein, und weil er in seiner Demut sah, wie weit er vom Ideal entfernt war, stellte er in seiner Schrift El santísimo rosario explicado: Es ist von der Güte, dem Erbarmen und der Barmherzigkeit der heiligsten Maria zu erwarten, dass sie einen ihrer Verehrer und treuen Diener bewegt, die Menschen neu zu beleben, indem er ihnen predigt und sie lehrt, wie man den heiligsten Rosenkranz betet. Ecce ego, mitte me. Wenn er sich meiner, des unwürdigsten seiner Söhne, bedienen will, biete ich mich ganz bereitwillig und freudig an, auch wenn ich dafür viele Mühen auf mich nehmen und den Tod erleiden muss.“
Mehrmals empfing er dann in den folgenden Jahren von der Muttergottes und vom Herr denselben Wunsch, den Rosenkranz zu beten und zu verbreiten, der half, gegen die materialistische Vorstellung vom Dasein die Geheimnisse Christi und Mariens neu zu erleben, in dem man die Geheimnisse „auf die eigenen Gewohnheiten anwendet.“
In dem Bewusstsein, der Dominikus der Neuzeit zu sein, bemühte er sich zu jeder Zeit, diese Andachtsform der ganzen Welt nachdrücklich zu empfehlen, und zwar sowohl durch Bücher und Flugblätter über den Rosenkranz als auch in seinen Predigten.
Pater Stifter hinterließ uns Claretinern dieses geschätzte Erbe. Schon im Jahr 1865 hatte er ein Testament zugunsten der Kongregation gemacht, und deshalb ist durch seine Verfügung und die Annahme durch P. Xifré sein ganzes Erbe auf unsere Vereinigung übergegangen. Doch die beste Erbschaft kam danach. Kurz vor seinem Tod in Fontfroide übergab der seinen Söhnen, vertreten durch P. Clotet, den Rosenkranz zum Erbe, den er immer neben dem Wort Gottes in seiner missionarischen Tätigkeit zur Verkündigung des Evangeliums benutzt hatte. Das geschah am 12. Oktober 1870. Berichtet wird es von P. Clotet selbst, der die Worte des todgeweihten Heiligen in Erinnerung rief: „Nehmen sie meine Rosenkränze und bewahren Sie sie auf.“
Wenn wir heute Maria als Unsere Liebe Frau vom Rosenkranz anrufen, erneuern wir dieses Bewusstsein und diese geschätzte Gewohnheit, die uns unser heiliger Gründer hinterlassen hat.