Über keinen der zwölf Apostel wissen wir so wenig wie über Bartholomäus. Sein Name scheint der Vatername Bar Talmai zu sein, der „Sohn des Talmai“ bedeuten könnte oder „Sohn des Tholomaios“, ein Name, den Flavius Josephus bezeugt. Dieser Apostel ist nur aufgrund seiner Erwähnung in den Listen der Zwölf bekannt, wo er an sechster (in den Evangelien) oder siebter Stelle (in der Apostelgeschichte) steht; seine Zugehörigkeit zur Gruppe entspricht einer gefestigten ursprünglichen Überlieferung.
Da es zu ihm keine weiteren Angaben gibt, wollte ihn eine sehr späte Überlieferung, die erst seit dem 9. Jahrhundert bekannt ist, mit dem Natanaël des vierten Evangeliums gleichsetzen. Doch die einzige Grundlage, auf die man sich berufen könnte, ist sehr schwach: Wie Natanaël im Johannesevangelium von Philippus gerufen wird, so folgt in den synoptischen Listen Bartholomäus immer auf Philippus, doch die Apostelgeschichte durchbricht diese Reihenfolge. Diese Gleichsetzung ist einer alten – heute eher aufgegebenen – Neigung geschuldet, die Jünger Jesu aus dem vierten Evangelium zu Mitgliedern des Zwölferkreise zu machen.
Wenn diese Gleichsetzung historisch wäre, wüssten wir über Natanaël Bartholomäus ein wenig mehr: dass er aus Kana in Galiläa gebürtig war, dass er von Philippus das erste Zeugnis vom Glauben an Jesus hörte, auch wenn er das etwas skeptisch annahm, dass er aber, sobald Jesus persönlich mit ihm gesprochen hat, ihn als Meister, Sohn Gottes und König von Israel bekennt. Nach Ostern begegnen wir Natanaël zusammen mit Petrus und weiteren Jüngern am See Gennesaret beim Fischen, wo ihnen der Auferstandene erscheint.
Da biblische Nachrichten über die apostolische Tätigkeit von Bartholomäus fehlen, machte ihn die legendarische Überlieferung zum Missionar in Indien, Äthiopien, Arabien, Mesopotamien, Lykaonien, Kleinasien … Auch über seinen Tod verbreiteten sich ganz unterschiedliche Überlieferungen: Im Orient verehrt man ihn als Gekreuzigten, das Martyrologium des Hrabanus Maurus stellt ihn als Enthaupteten dar, und nach dem heiligen Isidor von Sevilla ist ihm die Haut abgezogen worden.
Erwägungen Clarets
In seinem Brief an den Missionar Theophilus sagt Claret dann über den heiligen Bartholomäus: „Wer wird sich, geliebtester Theophilus, um Verfolgungen und andere Hindernisse kümmern, die sich dem Missionar entgegenstellen, wenn er sieht, dass Jesus Christus, der heilige Paulus, die übrigen Apostel und alle wirklichen Missionare diesen Weg gehen mussten. Deshalb musst du dich an das erinnern, was der Prophet Jesaja sagt: In der Stille und im Vertrauen liegt eure Kraft. Bemühe du dich, zu schweigen, zu arbeiten und zu hoffen, und der Herr wird jenes Unwetter vertreiben. Und wenn die Verfolgung so heftig ist, dann fliehe in eine andere Stadt, doch verlasse deinen Dienst niemals und gibt deine missionarische Sendung nie auf.“
In den Konstitutionen von 1857 ist die folgende glühende Ermahnung Clarets aufgenommen: „Die weltlich Gesonnenen lieben die Ehren und die Wertschätzung der Menschen, die Reichtümer und Vergnügungen und verabscheuen das, was Jesus Christus geliebt hat, nämlich Ehrverlust, Schande, Verfolgungen, Armut, Leiden und Tod am Kreuz. Die Missionare werden also als Jünger, Diener und Söhne Jesu ganz wahrhaftig Sorge tragen, dieselbe Livree zu tragen wie Jesus; in der Weise, dass sie dort, wo seine göttliche Majestät nicht beleidigt wird und es auch dem Nächsten nicht als Schuld angerechnet wird, wünschen, Drangsale, Beleidigungen, Falschaussagen und Beschimpfungen zu erleiden und dass man sie für verrückt hält, wobei sie selbst jedoch keinerlei Veranlassung dazu geben und die heiligen Apostel nachahmen sollen, von denen die Heilige Schrift sagt: Ibant Apostoli gaudentes a conspectu concilii, quoniam digni habiti sunt pro nomine Iesu contumeliam pati. Selig sind die, die zu dieser Stufe gelangen! Und zu ihr sollen die gelangen, die wahre apostolische Missionare zu sein wünschen, so dass jeder von ihnen wie der Prophet sagen kann: Sicut sagittae in manu potentis acutae.“