Miguel Palau ist am 24. Juli 1868 in Serrateix in der Provinz Barcelona geboren. An die Tür der Kongregation klopfte er am 30. Januar 1890. Er war ein frommer junger Mann mit einer schwachen Gesundheit. Er hatte sich einmal eine Rippe gebrochen, und davon blieb ihm sein Leben lang eine lästige Fistel im Brustkorb. Mit 14 Jahren fing er an, als Maurer zu arbeiten, und zwar leitete ihn ein Bruder von ihm an, der Baumeister war. Bald zog er sich eine Herzkrankheit zu, die ihn etwa drei Jahre im Krankenstand hielt. Unter dieser körperlichen Schwäche verbarg er in einem Innern ein kraftvolles Gemüt, eine große innere Kraft und eine gefestigte Spiritualität, die sich nach seinem Eintritt in die Kongregation unaufhaltsam zu einem intensiven Gebetsleben, Gemeinschaftsleben und Arbeit als Maurer entwickelte.
Als er in Cervera um Aufnahme bat, ließ ihn der damalige Superior, wenn auch nicht ohne Zweifel wegen der gebrechlichen Erscheinung jenes jungen Mannes, als Postulant zu, weil ihn seine Geschicklichkeit als Maurer beeindruckte. Nach einem halben Jahr begann unser junger Miguel das Noviziat. Es war für ihn die Zeit, in der er den claretinischen Geist entdeckte, wie er in der Definition des Missionars vorgezeichnet ist, und mit Tiefgang in sein Leben umzusetzen versuchte.
P. Forcada, sein Novizenmeister, sagte Jahre später: „Ich kannte ihn als Novize und als Professbruder, denn ich hatte das Glück, zwölf Jahre in seiner Gesellschaft zu weilen, und immer sah ich ihn gleich: inbrünstig, aktiv, genau nach der Regel lebend, gehorsam, liebenswürdig zu allen.“
Br. Palau selbst hielt seine Erinnerungen an die Profess mit folgenden schlichten Worten fest: „Ich hatte das Glück, die Profess am 16. Juli 1891 abzulegen, am Jahrestag der Gründung unserer Vereinigung, dem Fest Unserer Lieben Frau vom Berge Karmel. Die Profess war sehr zahlreich. Wenn ich mich recht erinnere, dürften wir nicht unter achtzig gewesen sein, die den Trost hatten, sich Gott zu weihen …“
Die Gemeinschaft Cervera war sein erster Einsatzort. Sein erster und letzter, denn fast sein ganzes Leben als Ordensmann entfaltete sich zwischen der ehemaligen Universität und Mas Claret, die ein und dieselbe Gemeinschaft bildeten. Er war immer als Maurer beschäftigt, daneben auch mit damit verbunden Aufgaben wie Installateur, Elektriker und anderen.
Sein Eintritt in die Kongregation war ein Geschenk der Vorsehung. Man hatte gerade für eine Frist von hundert Jahren das riesige Gebäude der früheren Universität Cervera erworben, das nach einer glorreichen Vergangenheit in einem bedauernswerten Verfall war. Nach vierzig Jahren ohne Nutzung mussten die Claretiner-Missionare als die neuen Bewohner die arbeitsreiche und langdauernde Restaurierung und Instandsetzung des Gebäudes und der Nebengebäude in Angriff nehmen.
Es dauerte etwas über ein Jahr, bis das unerlässliche Minimum wiederhergestellt war, damit man anfangen konnte, die verschiedenen Patres, Studenten, Brüder und Novizen aufzunehmen.
Im vierten Jahr stieß Br. Palau zur Gemeinschaft. Sehr bald übernahm er als Ersatz für Br. Vilaró die Leitung der Baumaßnahmen. 39 Jahre lang, gerade bis zu seinem Tod, arbeitete Br. Miguel als Mauerer in Cervera und in Mas Claret. Er unterbrach seinen Aufenthalt in der dortigen Gemeinschaft nur für einige kurze Einschübe, um sich um gewisse Arbeiten am Haus in Vic, in Olesa de Montserrat (Provinz Barcelona), das damals die Krankenabteilung der Kongregation war, und in Solsona (Provinz Lérida), wo die Arbeiten am neuen Claretinerseminar begannen, zu kümmern.
Sein Biograph P. Antonio María Arranz erinnert sich so an ihn: „Es sind bereits an die vierzig Jahre vergangen, und noch kommt es uns vor, als würden wir ihn sehen … Von mittlerer Größe, das Gesicht blass und spindeldürr, sein Gang bedächtig, immer gesammelt und andächtig, in den Händen den Rosenkranz, die Lippen immer von einem feinen Lächeln umspielt, so erschien er häufig in den weiten und unermesslichen Kreuzgängen der Universität, mit seiner schwarzen, bis zu den Knien reichenden Arbeitsbluse, die Werkzeuge seines Berufs zur Arbeitsstelle tragend.“
Seine vom Evangelium geprägte Persönlichkeit zeichnete sich im Alltag des gewöhnlichen Lebens ab. Seine Tage waren intensiv, in der Arbeit ebenso wie im inneren Leben. Er suchte immer, sich Gott und seinen Willen gegenwärtig zu halten, mit einer zärtlichen und innigen Liebe zu Maria, wobei er seine Treue in der Arbeit, im brüderlichen Zusammensein und im Gebet zum Glänzen brachte.
Mit einer untrüglichen Pünktlichkeit beim Morgengebet, sah man ihn auf den Knien oder stehend in einer tiefen kontemplativen Haltung versunken. Die Eucharistie war der Höhepunkt eines jeden Tages. Nach dem Gebet und einem wegen seiner Magenprobleme immer kargen Frühstück widmete er sich der Arbeit. Der Rhythmus und das Auftreten, das er bei seiner Arbeit an den Tag legte, zeigten immer gleichzeitig Anspannung und Gelassenheit. „Seine Bewegungen auf dem Baugerüst waren bedächtig, aber beständig und genau. Seine Gedanken auf die Gegenwart Marias gerichtet, verlor er keinen Augenblick. Nur wenn er den Stundenschlag der Uhr hörte, richtete er seinen gebeugten Körper auf, nahm die Kopfbedeckung ab und betete bedächtig das Ave Maria“, stellt P. Antonio Arranz fest. Er opferte seine Arbeit für die Kongregation und insbesondere für die Missionare auf, die von Cervera aus in die Missionen in fernen Landen auszogen. Mittags nahm er an der gemeinschaftlichen geistlichen Lesung teil. Nie kam er zu irgendeinem Gemeinschaftsakt zu spät. „Einige Minuten vorher ließ er das Werkzeug liegen, ging in die Werkstatt, wusch sich, zog sich um und nahm sauber und rein teil, als ob er nie Mörtel berührt hätte.“ Das bestätigte P. Felipe Calvo. An Feiertagen half er außerdem beim Tischdecken, beim Auftragen oder beim Abspülen.
Nachmittags arbeitete er weiter, und wenn es Abend wurde, behielt er sich seine persönliche Zeit als unantastbar vor. Nachdem er sich gewaschen und das Werkzeug für den folgenden Tag hergerichtet hatte, begab er sich in die Kapelle, um sich dem Gebet zu widmen. Seine mündlichen Gebete waren weder besonders zahlreich noch kompliziert, aber er betete sie gelassen und mit kontemplativem Ausdruck. In seinem Umgang mit den anderen, sowohl mit den Claretinern als auch mit Laien, insbesondere mit anderen Arbeitern, verdiente er sich Wertschätzung durch die Art, wie er die Menschen schätzte, wie er sie annahm und ihnen zur Verfügung stand, wobei er immer neben einem gelassenen und lächelnden Ausdruck einen guten Schuss Humor zeigte.
Man käme an kein Ende, wollte man all die Arbeiten aufzählen, die Br. Palau in Cervera ausführte. Die Chroniken stellen einige besonders bedeutsame heraus. Über der Krankenabteilung baute er einen großen lichtdurchfluteten Saal und eine weite Terrasse für die Kranken der Gemeinschaft. Er weißte die Außenmauern jenes ganzen riesigen Bauwerks. Es waren Tausende Meter Rohrleitungen, die er verlegte, mit den komplizierten Verzweigungen, die die unterschiedlichen bestehenden Abteilungen erforderten. Er baute im Garten einen geräumigen, sonnigen Hühnerstall. Er reinigte wiederholt die sechstausend Quadratmeter Dach, ersetzte anschließend die gebrochenen Dachziegel und tat sonst noch so vieles, was man hier unmöglich festhalten kann.
Normalerweise arbeitete er allein oder zusammen mit einem Brudernovizen. Es machte einen tiefen Eindruck, wenn man ihn immer tätig sah, ruhig und ohne einen Augenblick zu verlieren, unter der Sommerhitze ebenso wie an den kalten Wintertagen. Deshalb notierte der Chronist am Todestag von Br. Palau, was alle wussten: „In diesen 39 Jahren hat er der Gemeinschaft als Maurer gedient, wobei er all die Reparaturarbeiten und Umbauten der Universität leitete und teils allein, teils zusammen mit anderen, ausführte.“
Das Provinzkapitel von Katalonien beschloss im Jahr 1920, ein Landgut für die Gemeinschaft Cervera zu erwerben als wirtschaftliche Unterstützung und als Krankenabteilung und Ort der Erholung und Ruhe für die Gesunden. Die Claretiner gaben dem Gut den Namen Mas Claret. Da das Haus auf dem erworbenen Landgut hergerichtet und erweitert werden musste, wurde von den Oberen Br. Palau angefordert, der sich damals in Solsona befand und an den Grundmauern des neuen Seminars arbeitete.
Am Beginn der Bauarbeiten mussten die Mitbrüder, die in Mas Claret tätig waren, zu Fuß von Cervera aus hingehen und wieder zurückkehrten. Die drei Wegstunden für Hin- und Rückweg zusammen nutzte man, um Gott in seiner Gegenwart das Tagwerk darzubieten, indem man schweigend oder in froher Unterhaltung ging oder dabei den Rosenkranz betete.
Als ein Raum als vorläufige Kapelle zur Verfügung stand, machte sich Br. Palau an den Bau des neuen Flügels, der sich an das alte Haus anschloss. Es war ein von Grund auf neuer Bau, geräumig, solid, elegant; dorthin wurde schließlich die endgültige Kapelle verlegt. Über deren Außentor kann man noch den Gedenkstein lesen: „Construí aquesta casa el Servent de Deu German Miquel Palau Vila C.M.F. i hi visqué els darrers anys de la seva vida. En recordança: 2-IV-1957.“
Hier beteten und sangen so oft diejenigen, die dann Claretiner-Martyrer in Barbastro, in Cervera und in anderen Gemeinschaften werden sollten. Als sich im Juli 1936 die in Mas Claret festgesetzten Missionare auf das Martyrium vorbereiteten, versteckten sie neben anderen heiligen Gegenständen eine Statue der Muttergottes von Montserrat gerade an dem Platz, wo sie einige Wochen später erschossen werden sollten.
Als vertrauter Ort bleibt für die Claretiner das Motorhaus, das etwa hundert Meter vom Haus entfernt über einem ergiebigen Brunnen steht. Br. Palau baute ein Häuschen von zehn auf fünfzehn Meter, um darin den Motor der Wasserpumpe, die Pferdegeschirre und die Ackergeräte unterzubringen. Der gute Bruder dürfte sich kaum vorgestellt haben, dass dieser schlichte Ort einmal ans Martyrium erinnern sollte. In der Tat sollten sich im Sommer 1936 einige von den Claretinern und späteren Martyrern, nachdem sie von ihren Schergen gefangengesetzt und misshandelt worden waren, nachts in diesen Schuppen wagen, um dort die Eucharistie zu feiern.
Br. Miguel Palau starb nach einem Leben der Hingabe an seinen Beruf am 16. Oktober 1926 in Cervera im Rufe der Heiligkeit.