Am 11. Februar 1870 approbierte Papst Pius IX. auf unbegrenzte Zeit die Kongregation der Missionare und ihre Konstitutionen. Das war die Krönung eines langen und manchmal gewundenen Weges der Entscheidungsfindung und Überlegung. Die Kongregation hatte im Dialog mit dem Heiligen Stuhl ihre eigene Identität profiliert und formuliert. Glücklicherwiese erfolgte der ganze Weg zu Lebzeiten des Gründers, der in dem komplexen Prozess die Hauptrolle in der ersten Reihe spielte.
Der ferne Ursprung lag im Jahr 1849, als Claret, bevor er sich von seinen gerade erst gegründeten Missionaren trennte, um das Erzbistum Santiago de Cuba zu übernehmen, für die er einige „Regelungen oder Konstitutionen“ abfasste. Sie hatten weder das Format noch den Anspruch von Konstitutionen einer Ordensgemeinschaft, sondern waren etwas viel Spontaneres und Freieres, auf das Leben des „Standes der Missionare“ ausgerichtet; noch kamen nicht die Gelübde vor, sondern die apostolichen Tugenden mit dem Gehorsam an der Spitze (= Bereitschaft, sich aussenden zu lassen). Der Gründer suchte keine feierliche kirchliche Gegenzeichnung, wozu er die Anwesenheit von vier Bischöfen an seinem Weihetag in Vic hätte nutzen können (was er bei den Konstitutionen der Vedruna-Schwestern auch tat), sondern ihm genügte die Appobation seines Bischofs Don Luciano Casadevall.
Auf dem Weg zur päpstlichen Approbation: ein Weg in drei Etappen
1. Erste Etappe: Bis zum Decretum Laudis (1860)
Am 26. Mai 1857 kam Claret von Kuba nach Madrid zurück, um Beichtvater der Königin zu werden. Mitte Juni fand sich der Superior der Missionare P. Esteban Sala in der Hauptstadt ein, um mit ihm Eindrücke auszutauschen und um den Regeltext durchzusehen, den er ihnen bei seinem Weggang hinterlassen hatte. Die Erfahrung von sechs langen Jahren dürfte seine größere oder kleinere Funktionalität gezeigt haben. Die Kongregation war mäßig gewachsen, und ihre Mitglieder wünschten eine gesetzliche Absicherung mittels einer Art kirchenrechtlicher und staatlicher Anerkennung, was es erforderlich machte, die Konstitutionen zu drucken. Der Gründer überarbeitete, vielleicht zusammen mit P. Sala, den Text von 1849 leicht und billigte ihn mit seiner Unterschrift am 29. Juni: „Wir billigen und unterzeichnen diese Regelungen oder Konstitutionen, die von Uns geordnet und erneut erweitert wurden“ (Epistolario Claretiano, Band 1, S. 1363). Am 8. September unterzeichneten sie in einem feierlichen Akt der Annahme als Missionare, das heißt 13 Patres und drei Brüder. Und vor Ende 1857 kamen sie bereits in die Druckerei.
Am 25. Januar 1858 unterzeichnete Claret das Gesuch um ihre Approbation durch den Papst (Epistolario Claretiano, Band 1, S. 1504f.). Vielleicht um die gleiche Zeit begann er auch die Bemühungen um ihre Approbation durch die Regierung in Madrid, die sie am 9. Juli 1859 gewährte; deshalb sagt der Gründer: „Ich habe mich Ihrer Majestät, des Ministers und Besuchen im Ministerium bedient“ (Epistolario Claretiano, Band 1, S. 1623).
Am 1. September 1858 wurden die Konstitutionen vom Bischof von Vic approbiert und empfohlen. Und am 3. April des folgenden Jahre unterzeichnete Claret, nun vielleicht besser informiert über die kanonischen Verfahren, ein zweites Gesuch nach Rom (Epistolario Claretiano, Band 1, S. 1741), diesmal begleitet vom Gesuch des neuen Generaloberen P. José Xifré und von der Approbation des Diözesanbischofs Castañer. Die Übersetzung ins Italienische und weitere Details der Bürokratie bewirkten, dass das Dossier erst am 27. Februar 1860 in der Heiligen Kongregation für die Bischöfe und Ordensleute vorgelegt wurde. Von Rom erbat man noch einen Bericht über die Zahl der Häuser, die Zahl der Priester, Mittel zum Unterhalt usw. Claret schickte ihn mit einem neuen Gesuch um Approbation am 30.September, gestützt durch vier Empfehlungsschreiben von vier weiteren Bischöfen (Epistolario Claretiano, Band 2, S. 35).
Nachdem alles geprüft war, unterzeichnete Pius IX. am 19. Oktober 1860 das Decretum Laudis, das die Kongregation für die Bischöfe und Ordensleute Tage später an den Bischof von Vic, und über die Nuntiatur an P. Claret schickte. Die „Vereinigung von Weltpriestern für Missionen“ wurde ausführlich gelobt und empfohlen; doch die Approbation ihrer Konstitutionen wurde verschoben, bis in in Übereinstimmung mit den Animadversiones, die auf einem beiliegenden Blatt kommen sollten, überarbeitet würden.
2. Zweite Etappe: Bis zur Approbation Ad decennium per modum experimenti (1865)
a) Überarbeitung des Textes durch das erste Generalkapitel (Gracia 1862)
Es fand vom 7. bis 14. Juli unter dem Vorsitz des Gründers statt. Die Kongregation war beträchtlich gewachsen und hatte Seminaristen aufgenommen; sie war viel mehr als eine „Vereinigung von Weltpriestern für Missionen“. Das Kapitel überarbeitete die Konstitutionen beträchtlich und beschloss, Vorschriften für die Auszubildenden anzufügen sowie einen formellen Akt der Aufnahme in die Vereinigung nach dem Abschluss des Probejahres, der einen Eid der Beharrlichkeit und eine besondere Weihe an Gott und an Maria beinhalten sollte, und riet zur Ablegung privater Gelübde.
Der Gründer selbst fasste sofort nach seiner Rückkehr nach Madrid das vom Kapitel Beschlossene ab: „Regeln für die Studenten … Weihe … Geübde“ (Epistolario Claretiano, Band 2, S. 510); am 28. Juli, als er bereits in La Granja war, übergibt er es in Segovia an P. Serrat, der es abschreibt und an P. Xifré nach Vic schickt. Im Dezember fasst Claret auch Regeln für die Novizen, Aspiranten und ihren Meister ab (Epistolario Claretiano, Band 2, S. 576). Nach mehreren Überarbeitungen der Texte durch den Gründer selbst und vor allem durch P. Xifré schickt dieser den neuen Text der Konstitutionen, bereits ins Lateinische übersetzt, mit Approbation des Bischofs von Vic, Empfehlungsschreiben von weiteren Bischöfen und mehreren ergänzenden Dokumenten nach Rom. Voran steht ein Gesuch um Approbation, das von P. Xifré unterzeichnet und von der Generalleitung bestätigt ist, und natürlich ein weiteres vom Gründer unterzeichnetes. Beide bitten um die „Approbation der Konstitutionen mit den Zusätzen und Verbesserungen, die vom Generalkapitel vorgenommen wurden, und dem ergänzenden Anhang.“ (Epistolario Claretiano, Band 2, S. 616). Alles ist an P. José Reig, einen Merzedarier und früheres Mitglied des Missionshauses in Vic, adressiert, der nun der sorgfältige und begeisterte Prokurator der Kongregation der Missionare beim Heiligen Stuhl sein wird; am 20. April legte er dem Papst dieses ganze Dossier vor, und in den folgenden Monaten suchte er regelmäßig die Heilige Kongregation für die Bischöfe und Ordensleute auf und teilte dann P. Xifré mit, wie die Sache lief.
b) Neue Überarbeitung durch die Generalleitung (1863–64)
Doch im September 1863 kommt ein ernsthafter Gegenwind; ein römischer Konsultor entdeckt, dass bei der Überarbeitung der Konstitutionen die Animadversiones nicht berücksichtigt waren, die 1860 abgefasst wurden, und man teilte dem Bischof von Vic mit, dass es so nicht weitergehen könne. In der Tat waren diese Animadversiones in den Büros der Kongregation für die Bischöfe und Ordensleute verlorengegangen, und kein Missionar kannte sie. Sie gelangten am 18. November nach Vic, und P. Xifré, der etwas verblüfft war, beschloss zur Überarbeitung ein weiteres außerordentliches Generalkapitel einzuberufen. Doch Pater Stifter, der nicht so durcheinander war, riet ihm, die fraglichen Stellen nach den Konstitutionen der Jesuiten und der Redemptoristen zu regeln. Xifré und seine Leitung handelten mit beständiger brieflicher Unterstützung durch P. Reig sehr schnell, so dass die erneut überarbeiteten und korrigierten Konstitutionen Anfang 1864 bereits fertig waren, und am 3. Februar bestätigte der eifrige Prokurator den Empfang des Ganzen. Diesmal stellte nicht der Gründer das auf den 11. Januar 1864 datierte Gesuch um Approbation, sondern die Patres Xifré, Clotet und Bernardo Sala als Generaloberer, erster Generalrat und Sekretär. Dieses Gesuch wurde vom Bischof von Vic unterstützt und wahrscheinlich auch von Nuntius Barili, der Ende Januar den Gründer um eine „kurze Nachricht“ von der Kongregation bat, die ihm dieser unverzüglich schickte. Die Kongregation bestand bereits aus „32 Priestern, vier Studenten der Theologie und 18 Laienbrüdern“ (Epistolario Claretiano, Band 3, S. 447).
c) Neue Überarbeitung nach dem zweiten Generalkapitel (Gracia 1864)
Ende April 1864 wurden in Rom einige Animadversiones zum vorgelegten Text formuliert; diese wurden in Vic studiert und dem Generalkapitel vorgelegt, das vom 3. bis 6. Juli stattfand. Die Kapitelsteilnehmer, die sich angesichts der Animadversiones etwas unwohl fühlten, mussten zwei Betrachtungen des Gründers über die unbedingte Zustimmung zum Heiligen Stuhl hören. In Anbetracht dessen, dass die Angelegenheit in einigen Punkten sehr fachbezogen war, delegierte das Kapitel die neue Überarbeitung an den Gründer, der dort anwesend war und einwilligte, diesen neuen Dienst für seine Missionare zu leisten, auch wenn letztlich P.Xifré fast alles machen musste in Briefkontakt mit Pater Stifter und P. Reig. Am 30. Januar 1865 richtete Pater Stifter das xte Gesuch um eine nun „endgültige“ Approbation der Konstitutionen an Pius IX. (Epistolario Claretiano, Band 2, S. 855).
Doch im Mai teilt man von der Kongregation für die Bischöfe und Ordensleute P. Reig mit, dass der Approbation der Konstitutionen die der Vereinigung vorangehen müsse. Eine solche Approbation wird vom Gründer und dem Generaloberen in einem amtlichen Schreiben vom 6. Juni beantragt; als Begründung wird angeführt: „damit die Kongregation im Maß des Möglichen das Fehlen der Orden ausgleichen kann“ (Epistolario Claretiano, Band 2, S. 894). Auch der Bischof von Vic schickt sein Gesuch.
d) Letzte Nachbesserungen in Rom im November 1865
Ende Oktober reist Pater Stifter nach Rom aus Anlass des Problem der königlichen Anerkennung des Königreichs Italien; ihn begleitete P. Xifré in der ausdrücklichen Absicht, Bewegung in die Sache mit dem Konstitutionen zu bringen. Wichtig sind dann seine Begegnungen mit P. Reig, und die drei bringen den Text unter Beachtung von Anregungen von römischen Fachleute dann in seine endgültige Form. Vielleicht begleitete P. Xifré den Gründer bei einer seiner Audienzen bei Pius IX., die er am 6. und 23. November hatte. Der Papst muss ihnen Hoffnungen gemacht haben, sie könnten mit den approbierten Konstitutionen nach Spanien zurückkehren, doch das verhinderte eine lange Krankheit des Sekretärs der Kongregation für die Bischöfe und Ordensleute. Sie reisten am 27. November von Rom ab, und am 22. Dezember unterzeichnete Pius IX, die ersehnte Approbation der Kongregation und ihrer Konstitutionen gleichzeitig Ad decennium per modum experimenti. P.Reig teilte es am 23. Dezember P. Xifré mit seinem berühmten „Halleluja-Brief“ mit, und der Gründer, der wieder in Madrid wirkte, erhielt am 2. Januar die Nachricht, die „ihn mit himmlischer Freude erfüllte“ (Epistolario Claretiano, Band 2, S. 969). Auf Anordnung von P. Xifré, der die notwendige Zeit für die Übersetzung ins Spanische und den Druck voraussah, sollten die Konstitutionen am 1. April 1866, dem Ostertag, in Kraft treten.
Augenscheinlich war das kleine Büchlein durch die aufeinander folgenden Animadversiones und Nachbesserungen von einem Reglement für eine kleine Gruppe von Diözesanpriestern, die sich mit Missionen befassten, zu etwas geworden, das den Konstitutionen einer Ordensgemeinschaft sehr ähnlich war, nur ohne die Gelübde und ohne die Exemtion, deren diese sich normalerweise erfreuten. Schon der Text, um dessen Approbation der Gründer und der Generalobere gebeten hatten, machte deutlich, dass ihre Kongregation nicht eine Ordensgemeinschaft war, sondern eine Institution, die diese, die aufgrund der Exklaustrationsgesetze verschwunden waren, in irgendeiner Weise ersetzen konnte.
3. Dritte Etappe: Bis zur endgültigen Approbation (1870)
Nun ging es schnell und einfach. Mit der Revolution von 1868 hatte die Kongregation ihren Status als juristische Person in Spanien verloren; doch in wenig mehr als einem Jahr war sie bereits in Ländern auf drei Kontinenten errichtet: Frankreich, Algerien und Chile. Sie ging weit über den diözesanen Rahmen hinaus und entging den spanischen Exklaustrationsgesetzen. Zudem sah P. Xifré angesichts dessen, was 1865 approbiert worden war, keinen Anlass, zehn Jahre auf die endgültige Approbation zu waren. Schließlich war die Anwesenheit des Gründers von April 1869 an in Rom und die der übrigen spanischen Bischöfe vom Herbst an aus Anlass des Ersten Vatikanischen Konzils ein günstiger Moment, auf den Heiligen Stuhl Einfluss zu nehmen zugunsten dessen, was man beabsichtigte.
P. Xifré lebte dem Gründer in einem Brief vom 14. November 1869 (Epistolario Pasivo de San Antonio María Claret, Band 2, S. 329f.) den Entwurf eines Gesuchs an den Heiligen Stuhl vor: endgültige Approbation der Kongregation und ihrer Konstitutionen mit der Verpflichtung zur Ablegung öffentlicher Gelübde als wahre Ordensgemeinschaft. Dazu erwartete er, dass Claret „all seinen anerkannten Eifer und seine Gunst“ einsetzen würde. Mit der Zustimmung des Gründers richtet P. Xifré am 1. Dezember die Bittschrift an den Papst. Und am 16. Dezember sagt ihm Claret, er suche alle römischen Büros auf und suche die Unterstützung von Monsignori und spanischen Bischöfen, um das ersehnte Ziel zu erreichen (Epistolario Claretiano, Band 2, S. 1437ff.).
Am 20. September war der verdiente Merzedarier P. José Reig gestorben, doch von da an wurde der Bischof von Vic Luis Jordá zum Prokurator der Missionare. Er, Pater Stifter und sein Kaplan P. Lorenz Puig besuchten abwechselnd mehrmals in der Woche die Büros der Kongregation für die Bischöfe und Ordensleute und informierten sich über den Gang der Dinge. Frucht dieser Unermüdlichkeit war es, dass Papst Pius IX. am 11.Februar 1870 die endgültige Approbation der Konstitutionen, die nur geringfügig verändert waren, und die Anerkennung der Kongregation als Vereinigung mit einfachen und ewigen öffentlichen Gelübden unterzeichnete.
Seltsamerweise wird P.Claret nicht informiert und erfährt von dem Ereignis erst bei einem Besuch in der Kanzlei an 12. März; unverzüglich teilt er es P.Xifré mit (Epistolario Claretiano, Band 2, S. 1455). Das Dekret der Heiligen Kongregation für die Bischöfe und Ordensleute wurde am 2. Mai ausgestellt, und am 8. Juli approbierte Pius IX. die Professformel mit der Ablegung der Gelübde. Mit dieser Formel legten in den folgenden Monaten alle Mitglieder der Kongregation die Profess ab, und damit sollten die künftigen Claretiner ein gute Jahrhundert lang bis 1971 die Profess ablegen.
Severiano Blanco CMF