Vor 150 Jahren veränderte ein revolutionärer Sturm die Kongregation

Sep 1, 2018 | Jubiläen, Kongregation

Am 18. September On September 1868 brach die sogenannte „Gorreiche Revolution“ aus. Am 30. desselben ging P. Claret mit Königin Isabella II. und ihrer königlichen Entourage ins Exil nach Frankreich; und mit dem Tod von P. Francisco Crusats erhielt die Kongregation ihren ersten Martyrer. Alle Claretinergemeinschaften mit Ausnahme von Huesca mussten ihre Häuser räumen, und die Missionare suchten Zuflucht, wo sie konnten. Am 18. Oktober schaffte die Regierung unter anderem auch unsere Ordensgemeinschaft zivilrechtlich ab. Indessen versuchte Pater José Xifré unter Lebensgefahr und von Verstecken aus eine zerstreute Kongregation zu leiten, die von Mutlosigkeit und Verzweiflung gekennzeichnet war. Nun, zum 150. Jahrestag dieser Ereignisse wollen wir unsere Aufmerksamkeit auf diese denkwürdige Seite unserer Geschichte lenken, um den Geist zu entdecken, mit dem sich unsere Mitbrüder den Schwierigkeiten stellten und sie zu überwinden suchten.

Es waren noch keine zwanzig Jahre seit der Gründung vergangen, und alles schien unserer Ordensgemeinschaft zuzulächeln: Sie hatte 1859 die staatliche Anerkennung erhalten; sie hatte 1860 von Rom das Decretum Laudis erhalten; sie hatte 1865 die ersehnte päpstliche Bestätigung ihrer Konstitutionen ad cedennium per modum experimenti erhalten. Seit 1862 hatte sie ihre Tore für Studenten geöffnet; es gab ein halbes Dutzend Gemeinschaften: Vic, Gracia (Barcelona), Segovia, Huesca, Jaca und La Selba del Campo; und die Zahl der Missionare wuchs beträchtlich und kam auf fast hundert. Außerdem war die Nähe des Grunder, der 1857 aus Kuba zurückgekommen war, ein großer Anreiz. Alles schien sich glänzend zu entwickeln.

Gewiss war die Kongregation während der sogenannten zwei progressiven Jahre 1854−1856 durch eine starke Krise hindurchgegangen. Auch wenn sich die politische Lage in den folgenden Jahren zu beruhigen schien, gab es im Grunde viel Instabilität. Schon im August 1857, wenige Monate nach seiner Rückkehr aus Kuba, spürte P. Claret die Gefahr eines Aufstands; so bekundete er es P. Antonio Barjau, als er zunächst kundtat, er bleibe weiterhin Erzbischof von Santiago, und fuhr dann fort: „Ich habe Angst vor einer großen Revolution in nicht allzu langer Zeit …“ Epistolario Claretiano, Band 1, S. 1390). Am 22. Juni 1866 erlebte Claret aus nächster Nähe den Volkszorn im „Aufstand der Kaserne San Gil“. Während die Aufständischen sich vor dem Hospital de Montserrat eingruben, wo Claret wohnte, flüchtete er sich in den Raum hinter dem Gnadenbild der Kapelle und glaubte, sie würden seinetwegen eindringen; deshalb bereitete er sich geistlich vor, wie er es P. Xifré kundtat: „Ich bot dem Herrn mein Leben an und war immer sehr ruhig“ (Epistolario Claretiano, Band 2, S.1016).

Papst Pius IX. verlieh Isabella II. die Auszeichnung „Goldene Rose“, und P. Claret wurde beauftragt, sie zu überreichen. Mit dieser Geste, die das gute Einverständnis zwischen der Kirche und dem liberalen Staat widerspiegelte, begann das Jahr 1868. Doch die radikaleren Teile des Liberalismus und vor allem die revolutionären Streitkräfte, die nach dem Sturz der Monarchie strebten, schmiedeten Pläne für einen endgültigen Staatsstreich. Am 18. September entzündete General Prim in Cádiz die Lunte der Revolution, die sich über die ganze Halbinsel ausbreitete. Am 28. September wurde das monarchische Heer in der Schlacht von Alvolea vernichtend geschlagen, und es begannen die demokratischen sechs Jahre. Nach zwei Tagen musste die Königin, die sich zur Kur in San Sebastián befand, nach Frankreich fliehen. P. Claret begleitete sie als königlicher Beichtvater. Sie waren einen guten Monat in Pau und ließen sich dann in Paris nieder. Am 30. März des folgenden Jahres war unser Gründer seines Amtes ledig und konnte sich nach Rom begeben, um sich an der Vorbereitung des Ersten Vatikanischen Konzils zu beteiligen.

Die Auswirkungen der Revolution auf die Claretinergemeinschaften setzten unverzüglich ein. Die Gemeinschaften Vic und Segovia wurden von den Revolutionsräten der jeweiligen Provinz des Hauses verwiesen. Der Bischof von Jaca, der durch das aufrührerische politische Umfeld verängstigt war, kam den Revolutionären zuvor und löste die Gemeinschaft in jener Stadt einseitig auf. Die Missionare der Gemeinschaft Gracia sahen die Gefahr der revolutionären Meuten, die durch die Straßen zogen, und beschlossen, sich zu zerstreuen, um ihr Leben zu retten. Die Gemeinschaft Huesca hielt sich dank des Wagemuts von P. Hilario Brossosa und der Beliebtheit, die sich die Missionare erworben hatten, inmitten der Ausschreitungen der Revolution in der dortigen Gegend.

Das tragischste Ereignis war der Angriff auf die Gemeinschaft La Selva del Campo am 30. September. Den meisten Missionaren gelang es, sich zu verstecken, aber P. Reixach und P. Crusats beschlossen, die Tür des Klosters zu öffnen, um die Menge zu beruhigen, die aus Reus gekommen war. Zwar schaffte es der erste Missionar, zu entkommen und sich in der Kirche zu verstecken, doch die Aufständischen fassten P. Francisco Crusats, schlugen ihn zusammen und demütigten ihn und gaben ihm dann zwei Schüsse und einen Messerstich in den Hals. Die Nachricht von seiner Ermordung kam den übrigen Missionaren zu Ohren und löste eine große Bestürzung aus. Dagegen erlebte Pater Stifter, der sich in Pau befand, diese Situation mit einer größeren geistlichen Tiefe; das spiegelt sich in dem Brief, den er am 7. Oktober an P. General richtete: „Danken wir Gott: Schon haben der Herr und seine heiligste Mutter die Erstlinge der Martyrer angenommen. Ich habe mir sehr gewünscht, der erste Martyrer der Kongregation zu werden, doch ich bin nicht würdig gewesen, ein anderer ist mir zuvorgekommen. Ich beglückwünsche Crusats als Martyrer und Heiligen, und ich gratulieren Herrn Reixach zu seinem Glück, verwundet zu werden, und ich beglückwünsche alle in der Kongregation tausendmal zu ihren Glück, verfolgt zu werden. Sagen Sie ihnen von mir, sie sollen Mut haben und Vertrauen auf die heiligsten Herzen Jesu und Mariens. Die Unwetter und die Stürme dauern nicht ewig; danach kommt die Ruhe …“ (Epistolario Claretiano, Band 2, S. 1297−1298).

Am 18. Oktober dekretierte die neue Regierung die zivilrechtliche Auflösung der Kongregation sowie einiger anderer, denen es gelungen war, sich in Spanien nach der Exklaustrierung der Ordensleute im Jahr 1835 festzusetzen. Viele Missionare waren der Meinung, dieser Schlag sei tödlich für die Kongregation. Die Mutlosigkeit nahm zu. Einige Tage zuvor hatte P. Xifré an Pater Stifter geschrieben und ihm erklärt, wie er in verschiedenen Dörfern um Vic Zuflucht suchte, weil ihm die Revolutionäre den Tod angedroht hatten. P. Claret schrieb ihm am 18. Oktober aus seinem Zufluchtsort Pau zurück und sagte ihm: „Mir scheint es sehr gut, dass Sie sich zurückgezogen und versteckt haben, um größere Unannehmlichkeiten zu vermeiden; so können Sie aus ihrem Winkel heraus die Verfügungen treffen, die sie in Bezug auf die übrigen für angebracht halten. Soweit es möglich ist, tragen Sie Sorge, dass jeweils zwei Priester mit einem oder zwei Brüdern, die für sie kochen, leben, dass sie leben, wie wenn sie im Missionshaus wären und die Regeln und die Sammlung in den verschiedenen Ortschaften halten; dass sie sich damit befassen, für die Gläubigen Beichte zu hören, sie zu ermutigen und zu trösten, sie zum betrachtenden Gebet und zum häufigen Empfang der Sakramente zu ermuntern“ (Epistolario Claretiano, Band 2, S. 1304−1305).

Angesichts der Ängste mancher, die glaubten, die Kongregation habe keine Zukunft, tat Pater Stifter anschließend kund: „Sagen Sie ihnen von mir, sie sollen Glauben haben und Vertrauen auf Jesus und Maria. Ich bin, Gott sei Dank, sehr zufrieden und voller Mut, ja sogar voller Freude. Wenn ich daran denke, dass Gott so weise, so gut und mächtig ist, dass er auch aus dem Schlimmen noch etwas Gutes herausholt, dann hoffe ich, dass die Kongregation auch aus diesen Bedrängnissen noch viel Gutes ziehen wird“ (Espistolario Claretiano, Band 2, S. 1305).

P. Claret bot seinen Missionaren ein Gleichnis aus dem Evangelium, das die Wirklichkeit der Kongregation sehr gut widerspiegelte, aber einen tieferen Blick erfordert, um vom Glauben und der Hoffnung her gedeutet zu werden. Er schließt den erwähnten Brief, der am Fest des heiligen Lukas geschrieben ist, mit den Worten: „Sie haben sehr gut gesehen, dass nach dem heiligen Lukas (der heute ist), der Bauer sein Feld ansät; der Weizen geht sehr schön auf und wächst derartig, dass alles wie ein grüner Teppich aussieht; doch, ach Gott, da kommen einige so heftige Fröste, so starke Winde aus dem Norden und so feste Vereisungen, die die Blätter des Weizens verbrennen, und als ob das noch zu wenig wäre, fällt so viel Schnee, dass er das Feld vollständig zudeckt; der Tor erschrickt, aber der Bauer vertraut darauf, dass der Schnee schmilzt, dass sich die Kälte beruhigt und gutes Wetter kommt; und dann wird er erkennen, dass alles diese Widrigkeiten dazu gedient haben, dass der Weizen tiefere Wurzeln schlägt und stärker austreibt. Also, Mut …“ (Epistolario Claretiano, Band 2, S. 1304−1306).

In der Tat war es so. Anfang November überschritt P. Xifré die Pyrenäen und suchte einen sicheren Ort, um das Noviziat neu zu eröffnen und die auf der Halbinsel zerstreuten Missionare aufzunehmen. Von der Ortschaft Prades und später von Thuir aus gruppierte sich die Kongregation neu, schlug tiefere Wurzeln, fuhr sogar übers Meer und weitete so unerwarteterweise ihre universale Sendung aus.

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